Dass unsere "Geliebte" nun schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat und sich hier und da das eine oder andere Wehwehchen einschleicht liegt wohl in der Natur der Dinge. Zumal uns bewusst sein sollte, dass wir fast einen Prototypen fahren. Viel Zeit für Erprobung und nachhaltiger Modellpflege war schließlich nicht. Sicher hat MZ ein wirklich tolles Motorrad auf die Räder gestellt, welches konstruktiv von gut ausgebildeten Ingenieuren gründlich durchdacht ist und an dem auch nicht gerade an Qualität gespart wurde. Einst für bis zu 170 PS recht robust konzipiert steht sie ziemlich solide da - was ihr einst Langstreckentests auch bescheinigten. Doch eines können solche Tests nicht - das natürliche Altern reproduzieren. Und so werden irgendwann dann eben doch die Haare grau und das eine oder andere, zumeist elektrische Bauteil meldet ein Zwicken. Und das kommt, gemäß Murphys Gesetz, eben gerne gerade dann, wenn wir es am wenigsten brauchen können - zum Beispiel zur Abfahrt in den Jahresurlaub. Hier meine Geschichte.
Der Jahresurlaub steht an, es soll über drei Tagestouren nach Natz in Südtirol (Italien, bei Bozen) gehen, dann 7 Übernachtungen dort und dann wieder 3 Touren zurück - alles Landstraße. Am Tag zuvor also alles vorbereitet. getankt, geputzt, Luftdruck und Fahrwerk auf volle Koffer angepasst usw. und Emma in der Garage geparkt. Am Morgen steht die Gute da wie eine Göttin, Lack und Metall glänzen in der Sonne, die Koffer hängen selbstbewusst am Heck, Fahrer komplett angehost, ein letzter Check der Helmkommunikation mit meiner Frau, Navi läuft, der Daumen drückt genußvoll und voller Vorfreude den Startknopf und dann - Nichts. Nach zweimal Blubb, gefolgt von einem nüchternen 0354 im Display endet das kurze Intermezzo. Zum Glück bricht keine Panik aus.
Es folgt die Analsyse der Lage. Die Batterie ist nagelneu, da die alte Baujahr 2014 bereits zu schwächeln anfing. Allerdings kam die neue, ohne Aufdruck eines Produktionsdatums und nur 12,1 V ziemlich schwachbrüstig an. Ich hatte sie zwar voll geladen aber sollte sie vielleicht einen Standschaden haben (war im Angebot 20% reduziert)? Oder hatte ich tags zuvor vielleicht den Zündschlüssel etwas zu weit auf Standlicht gedreht und die Batterie so leer gesaugt? Egal, ich brauchte erstmal eine Lösung um in Schwung zu kommen. Anschieben erwies sich als unpraktikabel. Außer schwarzen Streifen auf dem Asphalt passierte nicht viel. Plan B: Starthilfekaben, Auto raus, MZ-Tank hoch (zuvor etwas Benzin ablassen) und zumindest lief sie dann schon mal. Da die Ursache für die Dienstverweigerung aber noch nicht abschließend geklärt war und meine Frau mit eigenem Motorrad mitfuhr, wurde dieses eben kurz als Werstattwagen missbraucht. Unser Reisegepäck erweiterte sich also um einen Rucksack auf dem Heck mit alter Batterie, die ja grundsätzlich noch ging, einem Starthilfekabel, etwas Werkzeug, ein Ladegerät (leider aber nicht ans Multimeter gedacht). Noch guter Dinge konnten wir starten, nächster Tankstopp Tschechei.
Tanken, bezahlen, Startknopf drücken, 0354. NEIN! Motorrad wegrollen, Rucksack vom Honda-Heck friemeln, Sitze ab, MZ-Tank hoch (in nun vollem Zustand, ganz schnell) und von Motorrad zu Motorrad gestartet. Läuft! Doch Batterie hin? Louis in Hof anrufen, Batterie reservieren, Umweg von 1 Stunde fahren. Dort angekommen war aber zumindest erstmal ein Messgerät verfügbar. Vor dem Batteriekauf noch alle Sicherungen gewechselt und gemessen und oh Schreck - nur 10 bis 11 Volt an der Batterie. Den Neukauf also gelassen, dem freundlichen Verkäufer fürs Ausleihen gedankt, paar Körner in die Kaffekasse, und das spektakuläre Startprozedere von vorn. MZ läuft und musste bis zur ersten Unterkunft durchhalten - was sie zuverlässig tat. Dort angekommen, Startversuch nichts. Gestrandet auf einem Bauernhof mitten in Bayern, sollte das schon das Ende des Urlaubs sein, noch bevor er richtig begonnen hatte?
Dann meine letzte Hoffnung, ein Anruf bei unserem "Gelben Forumsengel". Wirklich nur als Notlösung und mit schlechtem Gewissen aber am nächsten Tag stand die nächste Tour an, die Unterkünfte sind alle durchgebucht und es brauchte schnelle und unbürokratische Hilfe. Die meisten hier werden wissen wer gemeint ist. Auf jeden Fall war die Hilfe schnell, unbürokratisch und fachlich fundiert. Vielen lieben Dank an der Stelle nochmal. Das Problem war, Gott sei Dank das geringste Übel aller Optionen - der Stecker vom Laderegler. Da wir beim Buchen unserer Unterkünfte auf Bikerfreundlichkeit geachtet haben und daher üblicherweise eine kleine Werzeugecke zur Verfügung steht, konnte ich mich also an die Reparatur wagen. Zwischen den Traktoren des Bauern, eigentlich eine coole Kulisse, hat Emma also ihren ersten Stent in Form einer Listerklemme bekommen. Op gelungen, Patient lebt! Am nächsten Morgen konnte es also mit gutem Gefühl weiter gehen.
Doch das Glück währte nicht lange. Ab dem Brenner machte Emma mit einem erhöhten Ruhepuls von min. 2000 U/min auf sich aufmerksam. Also hier im Forum nochmal etwas recherchiert und aufgrund der Machbarkeit den Steppermotor einmal ausgebaut, zerlegt, vom Staub der Zeit befreit, neu geschmiert und auf einen guten Befund gehofft - vergebens. Also wieder um Hilfe gebeten und diese auch umgehend bekommen. Ich kann gar nicht ausdrücken, wie froh ich über diese Hilfe bin. Der Hauptverdächtige in diesem Fall, der Drosselklappensensor musste allerdings noch durchhalten. Mangels eines neuen Bauteils, vor allem aber eines FR2000 habe ich mich dafür entschieden, alles erstmal so zu belassen und mit der hohen Leerlaufdrehzahl zu leben, bis Emma wieder heimischen Boden unter den Rädern hat. Im ungünstigsten Fall hätte ich die Lage unnötig verschlimmbessert, grundsätzlich lief sie ja gut.
Zu Hause angekommen habe ich den Sensor ausgebaut und geprüft. Mit dem Ohmmeter lässt sich tatsächlich der Fehler an einer winzig kleinen, kaum zu treffenden Stelle reproduzieren. Dort ist offensichtlich kein Kontakt mehr zur Leiterbahn im Poti gegeben. Das dann geöffnete Poti lässt zwar keine Schadstelle erkennen, aber messbar ist dieser Fehler eindeutig. Säubern und Kontakte dezent nachbiegen hat übrigens nichts gebracht. Dafür, und das könnte möglicherweise bei einer "Panne" dieser Art als Notlösung helfen, hat das leichte verdrehen, also das Lösen des Poti, nach oben drücken und wieder anziehen wohl dafür gesorgt, dass es wieder knapp Kontakt auf der Leiterbahn gibt, das Poti wieder einen Wert liefert und die Drehzal sich wieder fängt. Als "Erste Hilfe" könnte das vielleicht bei zukünftigen Fällen helfen, eine gewisse Zeit bis zum Tausch des Poti zu überbrücken.
Nun sind wir seit einer Woche wieder im Lande, ein neuer Drosselklappensensor da und zum Einbau bereit. Ein Bauprojekt am Haus verhindert nur gerade das auf die Schnelle abzuarbeiten. Meine Frage an dieser Stelle: hat jemand bei mir in erreichbarer Nähe (06217 Merseburg) ein FR2000, mit dem der Drosselklappensensor angelernt werden kann? Ich habe zwar noch eine Option offen, aber es ist doch ein Stück weit entfernt. Ich werde nach Einbau auf alle Fälle hier nochmal berichten.
Nichtsdestotrotz: Ich liebe meine Emma und möchte mit ihr auch alt werden. Aber wir sollten auch immer im Hinterkopf haben, dass alles endlich ist: Ladereglerstecker, Potis, Bremslichtschalter (flog vor 2 Monaten raus) und wer weiß, was noch kommt. Genießt eure MZ aber geht nicht davon aus, dass sie ein fehlerfreies Wunderwerk der Ingenieurskunst ist. Was mich jedoch beruhigt ist, dass wir mit diesem Forum ein Instrument von unschätzbarem Wert für alle Mitglieder haben. Dieses muss aber auch gespielt werden. Also postet hier so viel ihr könnt, auch wenn es mal die unangenehmen Dinge eurer Partnerschaft mit "der Großen" sind. Am Ende profitieren wir alle davon.